Reisen in China

Reisen in China geht anders! Wer da glaubt, in einen 4,5,6 Sterne Hotel mit Englisch weiterzukommen, der darf weiter glauben oder auf einen glücklichen Zufall hoffen. Unnötig zu sagen, dass es auch mit Englisch bei 1,2,3 Sternen nicht geht.

Gehen geht es nur in Jugendherbergen! Die Mitarbeiter dort sprechen gutes Englisch. Auch lernt man dort junge Chinesen kenne, die auf eigene Faust unterwegs sind. Zhong Hua Ren, die solches, in diesen Lande völlig Unkonformistisches wagen, sprechen dann in der Regel auch Englisch.

Wer nun glaubt, Jugendherberge in China hieße nur Bunk Beds, der liegt völlig daneben, die haben selbstverständlich auch richtige Zimmer. Und Waschmaschinen.

Schön ist, in jeder JH liegen Flyer von Herbergen anderer Städte aus, die sehr gut beschreiben, wie man dorthin kommt. Wer einmal in einer Stadt mit so 3,4,5,6 Millionen Einwohnern irgendwo angekommen ist, weiß das ungeheuer zu schätzen.

Nur, JH gibt es nicht zu viele und die wenigen sind an Wochenenden immer ausgebucht. Das ist aber kein Grund zur Panik. Ist die Umgebung eines Bahnhofs noch nicht erneuert, gibt es da einfache Bleiben. Die muss ich nicht suchen, die suchen mich. Die Schlepper dort haben immer etwas im Angebot und es gilt die simple Regel, you get what you pay for.

Selbstverständlich ist in China auch die einfachste Unterkunft sauber und Handtücher und Bettwäsche sind frisch! Wer schon mal z.B. in Thailand unterwegs war, der wird verstehen was ich meine. Aber dafür sind vergleichbare Unterkünfte in Thailand auch erheblich teurer als in China.

Ein eigenes Kapitel sind die in (fast) jedem Bus- und Zugbahnhof zu findenden Schalter, an denen „Information“ steht. Daraus kann man natürlich nicht schließen, dort spräche jemand Englisch. Doch, es gibt einen Unterschied zwischen Bus und Bahn.

Auf meinem Notizblock steht z.B. Shanghai in Chinesisch und ich zeige auf meine Armbanduhr. Bei der Bahninformation schreibt man mir dann in lateinischen Buchstaben Shanghai auf den Notizblock. Bei der Businformation tippen die etwas in ihren Computer und zeigen mir auf dem Bildschirm die Abfahrtzeiten.

In der deutschen Qualitätspresse wird häufig darauf hingewiesen, dass China das modernste Eisenbahnsystem der Welt besitzt und es mit erheblichem Aufwand weiter ausbaut. Ja, manchem gilt das Land hier sogar als grünes Vorbild. Weniger oft liest man, dass China seit 1990 ca. 100.000 km Autobahn gebaut hat und an dem weiteren Ausbau ebenfalls mit Hochdruck arbeitet. Aber das ist ja auch eher ungrün.

Chinas Eisenbahnnetz ist ca. 100.000 km „lang“. Davon sind 11.000 km für Hochgeschwindigkeit ausgelegt, 50.000 km zweigleisig ausgebaut und 50.000 km elektrifiziert.

Nach der Machtübernahme 1949 begann der Ausbau des Schienennetzes. Überwiegend einspurig und, China ist ein Land voller Berge, den Flussläufen folgend. Bis 1980 hatte man dann so 50.000 km geschafft. Ab 1990 ging man dann daran auf zweigleisig zu erweitern und zu elektrifizieren.

Heute fährt die Eisenbahn an ihrer physischen Kapazitätsgrenze. Kohletransporte haben absoluten Vorrang.

Das Hochgeschwindigkeitsnetz ist noch recht dünn und dem Personenverkehr vorbehalten aber sehr viel ist im Bau und wird in so 1 bis 2 Jahren in Betrieb gehen.

Was heißt nun Hochgeschwindigkeit für Herrn Wu und Frau Li?

Auf der hervorragend ausgebauten alten Strecke von Peking nach Xian braucht der „alte“ Schnellzug so 12 -14 Stunden. Der hard seat kostet 25 USD, der hard sleeper 46 USD und der soft sleeper 69 USD.

Der „neue“ Schnellzug schafft diese Strecke in etwa 6 Stunden und kostet in der 2. Klasse 85 USD, in der 1. Klasse 137 USD und für die business class werden 269 USD verlangt.

In China gilt ein Monatseinkommen so um die 1.500 USD als sehr, sehr gut.

Aber es gilt die neuen Züge zu füllen und so wird das Angebot der alten Züge langsam ausgedünnt.

Ein wenig ins Schwärmen mochte ich doch geraten. Von Shanghai fährt alle 20 Minuten ein Zug in guten 5 Stunden nach Peking. Der schnelle Regionalexpress Shanghai Nanjing braucht für die ca. 300 km 1 Stunde und 20 Minuten und fährt während der verkehrsstarken Zeiten so alle 5 – 10 Minuten.

Aber wenn ich dann z.B. auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke Guilin – Changsha schaue, dort verkehren täglich 4 Schnellzugpaare …

Ich habe Untersuchungen gelesen, dass die Fahrpreise in China nicht einmal die Betriebskosten des rollenden Materials decken. Natürlich sind da auch noch die Wegekosten. Und das ist dann so wie in Deutschland. Dort fährt ein ICE alle halbe Stunde mit ca. 400 Reisenden längs der Autobahn. Unterstelle ich mal nur ein People pro Pkw, wären das 800 PKW pro Stunde. Paradiesische Zustände auf der Autobahn. Nur Wirrköpfe wie ich könnten nun meinen, dass jeder Verkehrsteilnehmer seine Wegekosten selbst tragen sollte.

Egal, der Steuerzahler muss auf jeden Fall tief in die Tasche greifen. Das kenne ich auch aus meiner Heimat. Damit der Bus nicht noch teurer wird muss der Bürger mehr für Wasser und Strom bezahlen. Aber für Strom vielleicht doch nicht, da war die letzte Steuererhöhung dazu gedacht, ein Loch in der Rentenkasse zu schließen.

Ich mag die alten Züge sehr. Die fuhren über Nacht von A nach B und sparten damit letztendlich viel Reisezeit. Als gelernter Kiniau (Thai: Geizhals), natürlich auch das Hotel. Ganz offensichtlich sehen das viele Chinesen genau so, die Schlafwagen der Nachtzüge sind immer auf Wochen im Voraus ausgebucht. Reiseveranstalter auch. Nur sind die besser in ihrem Marketing und preisen die Nachtfahrt im soft sleeper als besonderes Chinaerlebnis an. Damals war das genauso. Nur, in der guten alten Zeit habe ich immer einen Schlafplatz aus der VIP Reserve gegen ein Gasfeuerzeug und eine Schachtel Zigaretten aus nichtchinesischer Produktion bekommen.

 

Wer nun glaubt, er könne demnächst in China einfach zum Bahnhof gehen und sich eine Fahrkarte für den nächsten Zug kaufen, den muss ich enttäuschen. Chinesen können rechnen und wissen dieser halb, dass unbesetzte Plätze in einem Zug sehr teuer sind. Die Fahrpläne sind daher so ausgelegt, dass die Züge nahezu immer voll sind.

Und natürlich, vor jeder Fahrt muss man eine Fahrkarte kaufen. Was das in China bedeutet, dazu später mehr.

Ich hatte gedacht, die Autobahnen im schwierigen Gelände, wie ich sie in Yunnan kennengelernt habe, seien nicht zu toppen. Aber weit gefehlt, in Guizhou habe ich Strecken erlebt, von denen über 100 km gefühlt ca. 50 km durch Tunnel, 40 km über Brücken und 10 km über gewachsenen Boden gingen. Die Spitze war der West Sichuan Highway, von dem allerdings erst 50 km fertig sind. Davon rd. 40 km Tunnel!

Ich sollte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass es in China keine Juchtenkäfer gibt. Auch, ist in Deutschland der letzte Einspruch gegen den Bau einer Autobahn in der 2 Instanz entschieden, ist die Autobahn in China längst fertig. Das gilt in China natürlich nicht nur für Autobahnen. Aber vielleicht wissen die eben nur nicht, so etwas wie z.B. Strom ja, aber bitte keine Kraftwerke und wenn doch, dann nicht vor meiner Haustür, in einem extrem dicht besiedeltem Land zu realisieren.

Im Gegensatz zu den Zügen sind die Autobahnen außerhalb der großen Ballungsräume sehr verkehrsarm.

Was viele nicht wissen, China hat ein hervorragendes „Intercity“ Bussystem. Da kann man dann wirklich in größeren Städten zum Busbahnhof gehen und im Prinzip in der nächsten halben Stunde losfahren. Die Busse fahren nach Plan, was bedeutet, dass sie auch dann fahren, wenn sie nicht bis auf den letzten Platz besetzt sind. Da auf dem Ticket auch noch die Sitzplatznummer steht, ist das Ganze problemlos. Die Busse sind schneller als der Zug und liegen preislich zwischen hard- und soft sleeper.

Im Prinzip deshalb, auch hier muss man vor Fahrtantritt sein Ticket kaufen.

In der guten alten Zeit waren die Chinesen voll mit dem Aufbau des Sozialismus beschäftigt und hatten, mit der Ausnahme des Neujahrsfestes, keinen vernünftigen Grund, zum Reisen. Da reichte dann ein Bahnhof für Busse und einer für Züge in der Ortsmitte völlig aus. Da Busse und Züge zudem knapp und teuer waren benötigte man auch nur wenige Schalter zum Ticketverkauf. Heute bilden sich da lange Schlangen.

Das ist in den neugebauten Tickethalls ganz anders. Dort gibt es viele Schalter. Soweit die gute Nachricht. Allerdings, gibt es z.B. 20 Schalter, sind meistens nur 2 oder 3 geöffnet und riesige Warteschlangen sind die Norm. Unbedingt achten muss man auf die dort jeweils angegebenen Pausenzeiten. Im Gegensatz zu den ebenfalls erwähnten Öffnungszeiten sind die todernst gemeint.

Nur, Chinesen sind keine geborenen Schlangensteher und Vordrängeln ist normal. Ich war immer wieder überrascht, wie gut Chinesen Deutsch verstanden, wenn ich sie dann höflich in meiner Muttersprache auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machte. Eben, der Ton macht die Musik.

Das ist dann auch ein schönes Beispiel dafür, dass in China vieles anders herum gesehen wird, als wir es gewohnt sind. Chinesen halten es für normal, dass der Erwerb einer Zugfahrkarte erheblich länger dauert als die Zugfahrt selbst.

 

Auf den Bahnhofsvorplätzen patrollieren viele Sicherheitskräfte. Ich glaube, man befürchtet, dass frustrierte Chinesen ob des gebotenen Service plötzlich mal alles kurz und klein schlagen. Aber ich will nicht ungerecht sein. Mir sind auch Ämter in Deutschland mit ihren Schildern „Schalter vorübergehend geschlossen“ bekannt. Die wären mit viel weniger Schildern „Schalter zufällig geöffnet“ auch ausgekommen!

Trotz allem, man ist auch ein wenig servicebewusst. Beim Kauf eines Tickets muss jeder Chinese seinen Ausweis vorlegen. Der wird dann eingelesen, so dass das Ticket auf den richtigen Namen ausgestellt werden kann. Das ist natürlich sinnvoll, denn so lässt sich ein Schwarzhandel wirkungsvoll verhindern.

Für Ausländer gilt das nur für Bahnreisen und dort hieß ich dann immer C4KLW5LZ9.

China setzt auf den Fortschritt und deshalb gibt es schon vereinzelt Fahrscheinautomaten. Die können sogar auch Englisch, schließlich ist China ein weltoffenes Land. Der Dialog beginnt dann so: Insert your 2nd gen. ID-card for scan…

Unnötig zu erwähnen, dass die Mautstellen der Autobahnen videoüberwacht sind.

Ein wenig off topic, in jedem Internetladen wird der Ausweis von jedem Kunden eingelesen. Aber wie so oft sind auch in China die Behörden nicht immer so ganz auf der Höhe der Zeit. Wifi ist in China seit langem gang und gäbe. Man behilft sich dann so, dass z.B. Google fully automatically auf Baidu umgerootet oder einfach nur nicht geladen wird.

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