Nubien, ein wenig Geschichte

Einer der ersten Reisenden neuerer Zeit aus dem Westen in Nubien war vor 190 Jahren Fürst Pückler. Wer es nicht glaubt, sein „Kilroy was here“ ist in etlichen antiken Bauwerken eingemeißelt. Das müssen schon Originale sein denn so etwas machen heutzutage nur Chinesen!

 

Von Kairo war der Gartenfürst im Februar 1837 südwärts aufgebrochen – nicht ohne ein Schnäppchen vom dortigen Sklavenmarkt. Machbuba hieß das schöne Kind.  Ja, damals war Reisen noch viel stilvoller als heute.

Noch immer ist Nubien eine Gegend in der zivilisatorischer Komfort über weite Strecken fehlt. Da kam mir gleich wieder Herr Pückler in den Sinn, der hier „die eigentümliche Mischung von Pracht, Schmutz und Elend der Orientalen in dreifach gesteigertem Maßstabe“ sah.

Die Zeiten haben sich geändert. Hungrige Krokodile, Hitze und Sandstürme gibt es nach wie vor. Der Sklavenmarkt in Kairo ist abgeschafft und auch die orientalische Pracht ist dahin und unter viel Sand begraben.

Zu jener Zeit war der Sudan noch Teil des osmanischen Reiches. Sein Hafen Suakin war damals in der ganzen Region sehr wichtig für die Verschiffung von Pilgern und Sklaven. Ach so, Herr Erdogan pachtete 2017 diesen alten Hafen für 99 Jahre.

Erst die britischen Imperialisten, die den Sudan den Türken weg nahmen und in eine Kolonie vergewaltigten (ich hoffe, mich hier politisch korrekt ausgedrückt zu haben), verboten den Handel mit Sklaven. Böse Zungen behaupten, deshalb brach kurze Zeit später der Aufstand des Mahdis aus. Schließlich ist das Tun und Lassen des Propheten eine Quelle allen Rechtes im Islam. Und der war ja nicht nur Kinderfreund sondern auch Sklavenhalter.

Doch mal schön der Reihe nach.

Nubien während der Pharaonenzeit

1323 vor Christus verstarb Tut Ench Amun. Sein Grab wurde im vorigen Jahrhundert unversehrt gefunden. Die Leiche des Pharaos trug die hier abgebildeten Sandalen. Als Zeichen der Verachtung trampelte er auf den ungeliebten Nachbarn herum! Heute würde man da ja wohl glatt von Rassismus reden.

Schon die ersten ägyptischen Chronisten um 3000 vor Christus erzählen von brutalen Raubzügen nach Nubien. Dort deckten sich die Pharaonen mit Vieh, Sklaven, Ebenholz und Elfenbein ein – und stampften nebenbei ganze Königreiche nieder. Die größte Attraktion indes lag in der gehaltvollen nubischen Erde: „Nub“ ist die Hieroglyphe für Gold. Ein großer Teil der ägyptischen Goldschätze stammt aus Nubien.

Umgekehrt nutzten Nubiens Herrscher jede Schwäche Ägyptens, um ihren Einfluss nach Norden auszudehnen. Das ging so weit, dass die schwarzen Pharaonen sogar Residenz in Theben und Memphis, den Hauptstädten Ober- und Unterägyptens, für 100 Jahre bezogen. Sie gingen als Dynastie Nummer 25 in die Liste der ägyptischen Herrscher ein. 669 vor Christus machten die Assyrer dem Spuk ein Ende.

Wenig später stoppte ein Feldzug den Expansionsdrang der Kuschiten endgültig. Die „Sandfresser“ trollten sich in die südliche Savanne zurück zu ihren afrikanischen Wurzeln. Mit ägyptischer Gründlichkeit wurden die schwarzen Pharaonen aus dem Gedächtnis der Ägypter gelöscht. Ihre Namen wurden aus den königlichen Inschriften gebrochen und durch andere ersetzt.

Aber Ägypten und Nubien rieben sich nicht nur aneinander auf. Der Gebel Barkal, eines der höchsten Heiligtümer der Ägypter, liegt in Nubien. Dort nahm auch Amun, der ägyptische Hauptgott, seine Widdergestalt an – vermutlich nach dem Vorbild einer vergessenen altnubischen Gottheit. Reste des ägyptischen Tempels sind noch gut zu erkennen.

Nubien von der Antike bis zur Neuzeit

Die Nubier haben nur wenige Aufzeichnungen hinterlassen. Drei Jahrtausende lang entwickelten sie keine Schrift. Wenn man sich im frühantiken Nubien doch einmal herbeiließ, etwas dauerhaft festzuhalten, dann tat man es in den Hieroglyphen und der Sprache der Ägypter. Erst in der Mitte des drittem vorchristlichen Jahrhunderts, nachdem sie ihre Hauptstadt nach Meroë verlegt hatten, entwickelten die Nubier ihre eigene Schrift und wurden damit vollends unverständlich für heutige Historiker: Die meroïtische Schrift ist erst in Ansätzen entziffert und die Sprache dahinter ist rätselhaft. Ein Rosetta Stein wurde bisher noch nicht gefunden. Deshalb stammt das meiste Wissen über die damaligen Verhältnisse von den Assyrern, Griechen und Ägyptern.

Noch augenscheinlicher war die Ägyptisierung der Nubier. Sie übernahmen Schrift, Kunsthandwerk und die Sitte, stilisierte Hügel über den Toten zu errichten: Der Sudan zählt mehr Pyramiden als Ägypten, allein mehr als 100 in der Nekropole von Meroë.

Danach ging es wie für die Region typisch weiter. Die Gegend wurde von Ägypten und Axum aus christianisiert. Reste davon sind im Nationalmuseum Karthum zu sehen. Später dann wurde das Land von Arabern erobert und islamisiert.

Heute ist der Sudan ein streng islamisches Land. Ich erinnere mich an eine Busfahrt während der ein Film gezeigt wurde. In dem Film war zu erkennen, dass Allah nicht nur Männer erschaffen hat. Das erregte den Unwillen einiger Mitreisender. Aus deren Lautstärke schloss ich, sie glaubten, das Ziel der Reise sei in Sodom und Gomorrha geändert werden. Da verstand ich dann, warum in anderen Bussen Passagiere mit Koransuren unterhalten wurden. Das war ein Sprechgesang in der Musikalität gregorianischer Kastratenchöre.

Schade eigentlich dass der Begriff „Joule“ als Maßeinheit schon vergeben ist.

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